Kunsttherapie in Schulen

Wenn Kunst den Zugang zum Leben ebnet

In den Refugio München Kunstgruppen an Schulen können geflüchtete Kinder im schützenden Rahmen einer Kleingruppe die Folgen ihrer oftmals traumatischen Erfahrungen verarbeiten – eine wichtige Voraussetzung für sie, um sich in die Klasse zu integrieren und besser auf den Unterricht konzentrieren zu können. Es ist oft ganz erstaunlich anzusehen, wie viel die vertrauensvolle Arbeit in den Gruppen bei den Kindern und Jugendlichen bewirken kann. So wie bei den beiden Schwestern aus Syrien, von denen unser Kunsttherapeut Mesut Artmeier hier erzählt:

Zwei Geschwister aus Syrien (15 und 16 Jahre alt) sind seit einem halben Jahr in Deutschland. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein. Die eine ist ein modernes aufgeschlossenes Mädchen ohne Kopftuch, auch gegenüber Jungen. Sie teilt sich ihrem Umfeld mit und ist integriert in die Klassengemeinschaft. Sie lernt die deutsche Sprache schnell und entwickelt ihre sprachlichen Fähigkeiten stetig weiter. Die andere Schwester trägt ein Kopftuch, ist verschlossen, introvertiert und teilt sich in keiner Weise mit. Sie ist die Älteste von fünf Geschwistern und trägt zu Hause eine große Verantwortung. Beide Elternteile sind berufstätig, dadurch wurden die Aufgaben im Haushalt an sie übergeben. Die ältere Schwester hat insgesamt nur eine langsame Entwicklung der Deutschkenntnisse erzielt und speziell bei den berufsvorbereitenden Maßnahmen in der 8. Klasse ist aufgefallen, dass es ihr nicht möglich ist, sich mitzuteilen. Das Üben von Vorstellungsgesprächen ist so auch nicht möglich. Die Barriere zu sprechen, versuchen wir gemeinsam zu überwinden, dazu dürfen die beiden Schwestern an der kreativen Stunde teilnehmen. Die Jüngere gibt hier der Älteren Sicherheit, aber die Prognose, dass sie sich öffnen wird, war am Anfang des Schuljahres nicht aussichtsreich.

Der eigene Name mit Muscheln war ihr persönlicher Zugang zur Kunst. Sie widmete sich konzentriert mehrere Stunden der Auswahl der passenden Muscheln und der Platzierung. Heute hängt das Bild gerahmt zu Hause über ihrem Bett.

Im Laufe des Jahres wurde sie erst gegenüber der Kunst aufgeschlossener und suchte sich bald ein neues Motiv. Das Mädchen entwickelte Freude am Malen, ist stolz auf ihre Werke und das hat sich auf ihr Selbstbewusstsein übertragen. Heute hat sie das zweite Praktikum abgeschlossen und wird eventuell eine Lehre als Friseurin beginnen.