Außenstelle Augsburg
Jahresbericht 2024
Schwaben ist nach Oberbayern der zweitgrößte Regierungsbezirk in Bayern, entsprechend viele Asylsuchende werden hier untergebracht. Leider ist die psychosoziale Versorgung für Geflüchtete im Freistaat nach wie vor unzureichend.
Seit Anfang 2024 baut Refugio München die Außenstelle in Augsburg zu einem eigenständigen Psychosozialen Zentrum (PSZ) für Menschen mit Fluchterfahrung aus. Ziel ist es, mehr Geflüchteten in Schwaben professionelle Psychotherapie und psychosoziale Beratung zu ermöglichen, denn der Bedarf ist groß.
Ein wichtiger Baustein der Versorgungsstruktur
In der Außenstelle von Refugio München in Augsburg werden wie im Behandlungszentrum in München Therapie und Beratung für traumatisierte Geflüchtete angeboten. Da wir aus unserer jahrzehntelangen Erfahrung wissen, dass viele Geflüchtete mit Traumafolgestörungen und psychischen Erkrankungen leider oft erst sehr spät in Behandlung kommen, ist uns die frühzeitige Identifizierung der Betroffenen bereits in der Erstaufnahme sehr wichtig. Schon vor der Gründung eines eigenständigen PSZ gab es in Augsburg ein therapeutisches Angebot von Refugio München unter anderem in den sogenannten Ankereinrichtungen. Dies fand in enger Kooperation mit der Caritas statt. Dieses Angebot konzeptionell stärker an das neue PSZ anzubinden ist Teil des Ausbaus der neuen Außenstelle in Augsburg.
Ein Problem war bisher das Fehlen eines begleitenden Case Managements: Nach einer Verlegung mussten sich die Klientinnen oft selbst um weitere therapeutische Hilfe bemühen – meist ohne Erfolg. Auch die sehr strikten Vorgaben der Behörden erschweren die Arbeit: Die Refugio München Mitarbeitenden dürfen die Bewohner*innen der Ankereinrichtungen nicht direkt in ihren Zimmern aufsuchen, weshalb die Hilfe gerade zurückgezogene, besonders belastete Menschen oft nicht erreicht. So konnten auch Informationsveranstaltungen für besonders vulnerable Gruppen wie traumatisierte Personen, Opfer von Menschenhandel oder LGBTIQ-Geflüchtete nicht umgesetzt werden, da die Informationen über die Termine bei den Betroffenen nicht zuverlässig ankamen.
Konstruktive Zusammenarbeit und neue Strukturen
Trotz dieser Hürden verlief die Zusammenarbeit mit der Regierung von Schwaben insgesamt konstruktiv. Die Behörden schätzen das Angebot und bemühen sich, besondere Bedarfe bei der Unterbringung zu berücksichtigen. Die frühe Identifizierung von besonders schutzbedürftigen Asylsuchenden wie traumatisierten Menschen ist umso effektiver, wenn sie mit einem PSZ verbunden ist. Daher hat sich die Situation durch den Ausbau der Außenstelle in Augsburg verbessert: Die Therapeutinnen in den Ankereinrichtungen haben jetzt Sozialpädagoginnen zur Seite. Sie führen ein kurzes Screening mittels Fragebogen zur Ersteinschätzung durch. So kann gezielter entschieden werden, ob weitere Termine mit den Psychologinnen zur Stabilisierung, Psychoedukation oder Diagnostik sinnvoll sind. Außerdem informieren sie Betroffene über ihre Rechte als besonders schutzbedürftige Asylsuchende und leiten die Anbindung an Hilfsangebote in die Wege. Neu ist auch ein Meldebogen, mit dem (Verdachts-)Diagnosen dokumentiert und zur Vorbereitung der Anhörung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übermittelt werden. So können besonders schutzbedürftige Asylsuchende ihre Schutzgründe, die häufig mit traumatischen Erlebnissen verbunden sind, bei der Anhörung besser einbringen.
Mehr Struktur, mehr Stabilität
Auch die Behörden erkennen zunehmend den Mehrwert der Früherkennung: Asylverfahren verlaufen strukturierter, wenn Schutzgründe benannt werden können; besondere Bedarfe bei der Unterbringung lassen sich besser berücksichtigen und bei einer frühzeitigen Stabilisierung oder Therapie können oft Klinikaufenthalte vermieden werden. Wir arbeiten weiterhin an einem Konzept, das mit den Abläufen und Reglementierungen der Unterbringungsbehörden als auch mit unseren Ansprüchen einer systematischen Früherkennung kompatibel ist. Auch der im Jahr 2025 angestrebte weitere Ausbau von Therapieplätzen in der Außenstelle ist dafür wichtig. Denn trotz aller Herausforderungen ist klar: Frühe psychosoziale Hilfe ist für viele der erste Schritt zurück in die Stabilität.
