Für ein gerechtes Asylverfahren

– die Asylverfahrensberatung von Refugio München

 

Für viele Geflüchtete entscheidet das Asylverfahren über Sicherheit oder Gefahr, über Bleiben oder Rückkehr. Refugio München hilft ihnen dabei, es zu verstehen – mit Herz, Erfahrung und Menschlichkeit.

von Jürgen Soyer

Kennen Sie alle Regelungen für die Steuererklärung und machen Sie sie vielleicht selbst? Dann Hut ab! Wenn nicht, dann geht es Ihnen wie vielen anderen, die das Dickicht der Regeln nicht mehr durchschauen. Da hilft dann nur eine Steuerberatung.

So, und jetzt stellen Sie sich Steuererklärung und alle Regelungen potenziert und unter Zeitdruck vor, dann haben Sie in etwa eine Vorstellung vom Asyl- und Aufenthaltsverfahren. Geht es aber bei der Steuer „nur“ um Geld, dann geht es im Asylverfahren um die eigene Existenz. Es geht um Bleiben oder nicht Bleiben in Deutschland. Für so manche Asylsuchende wahrlich eine Frage von Leben und Tod.

Aus diesem Grund führte die Bundesregierung 2023 die Asylverfahrensberatung ein, die von erfahrenen Einrichtungen der Geflüchtetenhilfe durchgeführt werden soll. Das sind quasi die „Steuerberater“ im Asylverfahren, wobei sie die Asylsuchenden nicht rechtlich vertreten, das tun weiter Rechtsanwält*innen. Ziel der Beratung ist, dass Asylsuchende das Verfahren verstehen, ihre Rechte und Pflichten kennen und in der Lage sind, die relevanten Fluchtgründe geordnet und chronologisch bei der Anhörung vorzutragen.

Tobias Vorburg ist einer von drei Sozialpädagog*innen bei Refugio München, die die Asylverfahrensberatung anbieten. Sie haben ihr Büro in der Erstaufnahmeeinrichtung in München, wo die Geflüchteten neu ankommen.

Tobias‘ Ziel ist, dass die Leute ein faires Verfahren bekommen: „Sie sollen die Gelegenheit haben, dass sie über alles sprechen können, was für ihr Verfahren wichtig ist. Ich informiere sie über das Verfahren und bereite sie bisweilen auf die Anhörung vor. Aber ich stehe ihnen auch bei, wenn sie psychisch am Ende sind, damit sie die Anhörung durchstehen können.“

Asylsuchende sollen also verstehen, was überhaupt Asylgründe sind und worüber sie in der Anhörung sprechen müssen. In der Asylanhörung, die oft wenige Wochen nach Ankunft in Deutschland erfolgt, müssen sie über alle Details ihrer Verfolgungsgeschichte und Flucht berichten können. Bisweilen ordnet Tobias Vorburg bei besonders stark belasteten Menschen die Geschichte erst einmal, fragt viel nach und bereitet gemeinsam mit unseren Klient*innen die Asylgründe auf. Für manche ist es das erste Mal, dass sie zögernd und fragmentiert ihre traumatische Geschichte berichten. Dies ist eine wichtige Vorbereitung auf die Anhörung.

Ebenso wichtig ist es, den Ablauf des Verfahrens zu erklären. Das gibt Sicherheit. Und es kann auch wichtig sein, über die Möglichkeiten der Rückkehr ins Herkunftsland zu informieren. „Die Wissensvermittlung“, sagt Tobias Vorburg, „gibt den Menschen das wichtige Gefühl der Kontrolle.“

Und er erzählt zwei Beispiele der letzten Zeit. Ein Mann aus Uganda, der eigentlich mit Fragen zum Asylverfahren kam, erzählte im Laufe der Beratung von seiner Homosexualität und seiner Furcht vor Verfolgung durch ugandische Behörden. Am Ende bedankte sich der Mann bei Tobias, dass er erstmals furchtlos über seine sexuelle Orientierung sprechen konnte. Und er war sich sicher, dass er dazu nun auch in der Anhörung in der Lage sein wird.

Oder die Frau aus dem Kongo, die anfangs völlig gebrochen in der Beratung saß. Sie wurde vom Früherkennungsprojekt von Refugio München zur Asylverfahrensberatung gebracht. Nach ein paar Stunden schöpfte sie Vertrauen und fing an, über ihre zahllosen Gewalterfahrungen zu sprechen. So war sie schließlich auch in der Asylanhörung zu einem detaillierten Bericht fähig. Sie erhielt schließlich einen positiven Bescheid vom Bundesamt und ist inzwischen bei Refugio München in Therapie.

Für Tobias Vorburg und seine Kolleg*innen ist es nicht leicht, alle Bewohner*innen der Erstaufnahme zu erreichen. Durch die enge Zusammenarbeit mit unserem Früherkennungsprojekt kommen er und seine Kolleg*innen aber erfolgreich an viele besonders schwer belastete Geflüchtete. So manche begleiten sie dann auch zur Anhörung beim Bundesamt und geben schon im Vorfeld Hinweise, was bei der Anhörung beachtet werden solle. Was übrigens die Anhörer*innen oft sehr begrüßen. Denn das gibt auch ihnen Sicherheit. „Erst gestern hatte ich einen Fall, wo die Anhörerin zu mir sagte: „Gut, dass Sie dabei waren!“, weil ich bei einer heftigen psychischen Reaktion einer Asylsuchenden unterstützend interveniert hatte“.

Dieses Projekt trägt zu einem gerechten Asylverfahren bei und hilft vielen schwer belasteten Geflüchteten. Da wir einen Anteil der Kosten als Bedingung für den Zuschuss selbst tragen müssen, benötigen wir Spenden dafür. Danke, wenn Sie die Arbeit von Tobias Vorburg und seinen Kolleg*innen auch unterstützen!