„Ich habe mich verunsichert und überfordert gefühlt in der Rolle als Mutter.“

Muttersprachliches Elterntraining – Eltern aktiv
Jahresbericht 2024

Das muttersprachliche Elterntraining von Refugio München unterstützt Mütter und Väter mit Flucht- und Migrationserfahrung in ihrem Erziehungsalltag. Im Mittelpunkt steht die Stärkung der Eltern, damit diese ihre Kinder stärken können.

Im folgenden Interview berichtet eine Mutter aus der Ukraine, wie sie durch das Training neue Sicherheit im Umgang mit ihren drei Söhnen gewinnen konnte. Neue Strukturen, sprachliche Hürden und Erziehungsfragen, die oft mit anderen Werten und Erwartungen verbunden sind, führen zu Unsicherheiten – sowohl bei den Eltern als auch bei den Kindern.

Wie haben Sie vom Elterntraining erfahren und was hat Sie zur Teilnahme motiviert?

Eine Sozialarbeiterin erzählte mir vom Elterntraining. In dieser Zeit ging es mir und meiner Familie nicht gut. Der Krieg, die Flucht, das Leben in Gemeinschaftsunterkünften hat uns sehr belastet. Ich merkte, dass ich Unterstützung benötigte. Einerseits wollte ich die Beziehung zu meinem ältesten Sohn verbessern und andererseits wollte ich die Fehler, die ich vermutlich mit meinem ältesten Sohn gemacht hatte, nicht mit den beiden Jüngeren wiederholen. Ich wollte wissen, wie Erziehung in Deutschland funktioniert und etwas ändern, für mich, aber vor allem für meine Kinder.

Hatten Sie eine Vorstellung davon, was Sie im Training erwartet?

Ehrlich gesagt: Nein. Ich wusste nur, dass ich unsere derzeitige Situation verbessern wollte. Wir hatten mit vielen Veränderungen, Sorgen und Ängsten zu kämpfen und ich hatte viele Fragen und Unsicherheiten. Deshalb war ich einfach sehr neugierig.

Im Elterntraining werden gemeinsam Methoden besprochen, um die Bedürfnisse der ganzen Familie besser zu verstehen.

Wie war der Einstieg für Sie in das Elterntraining?

Ich war von Anfang an im Einzeltraining, das war genau das Richtige für mich. In einer Gruppe hätte ich mich persönlich nicht so öffnen können. Sehr geholfen hat mir auch, dass die Trainerin meine Sprache spricht und selbst Migrationserfahrung hat und selbst Mutter ist. So konnte ich sagen, was ich denke und fühle, ohne Angst zu haben, etwas Falsches zu sagen. Das hat mir geholfen, mich von Anfang an wohlzufühlen.

Was waren für Sie die wichtigsten Erfolge im Elterntraining?

Im Kurs habe ich gelernt, dass ich auch auf mich achten darf und muss. Wenn ich ruhig bleibe und mir auch mal Zeit für mich nehme, kann ich besser auf die Bedürfnisse meiner Kinder eingehen. Ich habe verstanden, dass es in Ordnung ist, mal Nein zu sagen oder sich auszuruhen. Nur wenn es mir gut geht, kann ich gut für meine Kinder da sein.

„Das Fundament einer guten Beziehung ist, für sich selbst zu sorgen.“

Da gibt es auch einen Unterschied zwischen Erwartungen an Eltern in Deutschland und in der Ukraine. Dazu gehört zum Beispiel, Grenzen zu setzen. Vieles davon kennt man als Mutter natürlich und mir wurde auch von anderer Seite gesagt, was ich anders machen soll. Aber erst durch das Training habe ich Werkzeuge und Methoden an die Hand bekommen, um diese Bedürfnisse zu verstehen, Erwartungen zu erfüllen und besser kommunizieren zu können.

Welche Methode aus dem Elterntraining bleibt Ihnen besonders im Kopf?

Der Rollentausch zwischen Mutter und Kind mit der Elterntrainerin. Das hat mir einen Perspektivwechsel ermöglicht und mir gezeigt, wie wichtig es ist, die Kinder direkt anzusprechen, ihnen in die Augen zu schauen und zu zeigen, dass man in diesem Moment ganz bei ihnen ist.

Wie hat sich die Beziehung zu Ihren Kindern verändert?

Das merkt man in vielen Alltagssituationen bei uns. Es ist jetzt Ruhe und Zuversicht in unseren Gesprächen. Aber auch Situationen wie das gemeinsame Hausaufgabenmachen funktionieren viel besser. Ich verbringe viel bewusster Zeit mit meinen Kindern auch beim Spielen. Mit meinem ältesten Sohn gehe ich jetzt manchmal zusammen ins Café, einfach um Zeit miteinander zu verbringen und zu reden.

Was würden Sie anderen Eltern sagen, die sich unsicher sind, ob sie teilnehmen sollen?

Egal aus welchem Land man kommt, man möchte eine gute Mutter oder ein guter Vater sein. Aber die Lebenssituationen erschweren das oft und wir können immer etwas lernen. Ich habe das Programm einer Bekannten empfohlen, weil sie ähnliche Probleme hat wie ich. Inzwischen hat sie sich zum Training angemeldet. Ich kann allen Eltern sagen, geht zum Training, ihr werdet davon profitieren

Das Team Elterntraining