Agieren in verschiedenen Kulturen

Jahresbericht 2020
Elterntraining

Muttersprachliche Elterntrainer*innen schulen unsere Klient*innen darin, Werte und Verhaltensweisen aus Deutschland zu verstehen und anzunehmen, ohne dabei ihre Lebensweise aus dem Herkunftsland aufzugeben. Dieses Umschalten zwischen den Kulturen ist eine anspruchsvolle Tätigkeit.

 

Melisa Budimlic und Frederic Lwano sind zwei sehr erfahrene Trainer*innen in unserem Team. Frederic ist seit 2014 fest dabei, Melisa seit 2011. Mittlerweile bilden sie selbst neue Elterntrainer*innen für Refugio München aus. „Besonders wichtig ist uns, dass neue Elterntrainer*innen unseren ressourcenorientierten, empowernden Ansatz teilen“, sagt Frederic Lwano. „Sie sollen unsere Klienten und Klientinnen in ihrem Migrationsprozess stärken.“

Um als Elterntrainer*in zu arbeiten, sind eine Ausbildung oder ein Studium im pädagogischen oder psychologischem Bereich Voraussetzung. Da es in manchen Ländern diese Studiengänge nicht gibt, lassen wir aber auch gelegentlich Ausnahmen zu. Die Trainer*innen sollten selbst eine Migrationserfahrung haben und den eigenen Kulturkreis gut kennen. Neben der Muttersprache müssen neue Elterntrainer*innen natürlich auch ausreichende Deutschkenntnisse mitbringen.

„Unser Ausbildungslehrgang findet eigentlich einmal jährlich statt“, erklärt Melisa Budimlic. „In 2020 war das aber wegen Corona nicht möglich. Zwei Mal mussten wir den Termin verschieben.“ Unser Team hat die Corona-Zeit dann genutzt, um das Ausbildungsprogramm und die Unterrichtsmaterialien immer weiter zu digitalisieren. Wir haben Lehrvideos gemacht, in denen Rollenspiele zwischen Trainer*innen und Eltern nachgezeichnet werden. Dieses Unterrichtsmaterial kann gut auch nach der Pandemie im Training eingesetzt werden.

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Solange die Eltern uns brauchen, gehen wir den Weg zur Integration mit ihnen gemeinsam

 

Ein wesentliches Ziel der Arbeit als Elterntrainer*in besteht darin, die Beziehung zwischen Eltern und Kindern zu stärken und das Erziehungsrepertoire der Eltern zu erweitern. Dieses Ziel sollen die Trainer*innen während der insgesamt acht Ausbildungstage verinnerlichen. Themen wie: dem Kind Aufmerksamkeit schenken, es richtig loben oder ihm Grenzen setzen sind Grundlagen für eine gelingende Eltern-Kind-Beziehung. Auch die Selbstfürsorge der Eltern ist ein wichtiger Ausbildungsinhalt. Die angehenden Elterntrainer*innen lernen, dass Selbstfürsorge besonders nach einer Flucht- und Migrationserfahrung wichtig für den oft anstrengenden Erziehungsalltag ist.

Im praktischen Ausbildungsteil machen wir Rollenspiele.  Dabei nehmen die angehenden Trainer*innen verschiedene Perspektiven ein: mal Mutter, mal Vater, mal Kind. Dabei erfahren sie beispielsweise, wie sich die Verhaltensweisen der Eltern beim Kind anfühlen. Zum Ende des Ausbildungslehrgang bereitet jede*r eine eigene Trainingseinheit vor und führt sie durch.

Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung können die Elterntrainer*innen erste Trainings mit unseren Klient*innen umsetzen. Dabei werden sie engmaschig von unserem Team begleitet.

„Wir wollen die Elterntrainer*innen darauf vorbereiten, dass sie immer wieder mit neuen Situationen flexibel umgehen müssen“, erklärt Melisa Budimlic. Die Corona Pandemie ist dafür ein ganz besonders anspruchsvolles Beispiel. Im letzten Jahr wurden die Elterntrainer*innen auf einmal zu Pandemie-Erklärer*innen. Als solche mussten sie den Familien näherbringen, was Corona ist und wie man damit umgehen kann. Und wie die Eltern die Zeit mit ihren Kindern im Lockdown möglichst sinnvoll gestalten können. Da wir die Eltern zeitweise nicht mehr persönlich treffen konnten, haben wir Erklär-Videos gedreht und auf Youtube veröffentlicht. „Die Klickzahlen waren toll und wir haben viel positives Feedback bekommen“, freut sich Melisa Budimlic. Ihr Kollege Frederic Lwano fügt hinzu: „Die Situation in den engen Gemeinschaftsunterkünften ist für eine Familie mit mehreren Kindern natürlich ganz besonders herausfordernd. Unsere Elterntrainer*innen müssen in der Lage sein, in solchen Situationen flexibel Soforthilfe zu leisten. In Pandemie Zeiten und auch sonst.“

 

Interessierte für die Ausbildung zum*zur Muttersprachlichen Elterntrainer*in können sich ganzjährig bei uns bewerben.