Eine Außenstelle im Aufbau

Jahresbericht 2022
Außenstelle Augsburg

Seit 2012 hat Refugio München eine kleine Außenstelle in Augsburg, die in Kooperation mit der Caritas und der Diakonie Augsburg im Rahmen des HIFF-Projekts (Hilfsnetzwerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge) zusammenarbeitet.

Ein wichtiger Bestandteil der psychosozialen Beratung und Behandlung bei Refugio München ist die Tandem-Arbeit von Psychotherapie und sozialer Beratung. In der Außenstelle Augsburg arbeiten die drei Therapeutinnen (in Teilzeit und eine in Elternzeit) dazu mit der Asylsozialberatung der Caritas zusammen und teilen sich mit ihnen auch die Räumlichkeiten.

Auch in Augsburg kommen die Klient*innen teilweise von sehr weit weg: das Einzugsgebiet umfasst den ganzen Regierungsbezirk Schwaben bis Donauwörth oder Neuburg an der Donau. Bei Klient*innen, die von so weit weg kommen, muss die soziale Beratung oft an die Sozialdienste in den Unterkünften übertragen werden – kein optimaler Zustand, da die direkte Zusammenarbeit extrem wichtig und hilfreich ist. Deshalb und weil die Kapazitäten auch in Augsburg bei weitem nicht ausreichen, wollen wir die Außenstelle Augsburg im kommenden Jahr ausbauen und mit Personalstellen für die soziale Beratung erweitern. „Die Zusammenarbeit mit der Caritas läuft gut, aber wir müssen bei allen Klient*innen im Vorfeld klären, wer welche Aufgaben übernimmt und wer bei der Sozialberatung zuständig ist, zum Beispiel, ob es die Kolleg*innen in den Unterkünften oder hier bei HIFF sind. Das ist Zusatzaufwand, den es in München oder Landshut nicht gibt“, erzählt Katrin Riedel, die schon seit einigen Jahren Therapeutin bei Refugio München in Augsburg ist.

Neben der Einzeltherapie, die in den Räumen der Caritas stattfindet, gehen die Therapeutinnen auch direkt in die Ankereinrichtungen. Sie führen dort Stabilisierungsgespräche mit Geflüchteten, die traumatisiert und/oder psychisch erkrankt sind und schreiben Berichte, um eine möglichst geeignete Anschlussunterbringung zu erwirken.

Im Jahr 2022 gab es auch regelmäßige Gruppenveranstaltungen zum Thema Traumatisierung und psychische Erkrankungen in einer Augsburger Ankereinrichtung. Die Bewohner*innen konnten sich so unverbindlich und niedrigschwellig informieren, wie sie Symptome einordnen und wo sie Beratung bekommen können. Eine große Herausforderung in diesem Bereich ist, die Menschen zu erreichen: besonders Betroffene von psychischen Erkrankungen profitieren von aufsuchenden Informations-Angeboten. In der Früherkennung SoulCaRe von Refugio München in der Münchner Erstaufnahme gehen psychosoziale Peer-Berater*innen auf die Bewohner*innen zu und können durch die gemeinsame Sprache leichter Vertrauen aufbauen und psychisch instabile Personen identifizieren. Leider ist es in den Ankereinrichtungen in Schwaben nicht mehr erlaubt, die Bewohner*innen proaktiv aufzusuchen und über die psychosozialen Angebote zu informieren.

Die Einzelgesprächstermine zur Stabilisierung in den Ankereinrichtungen kommen meist über Sozialdienste vor Ort, den medizinischen Dienst oder die Unterkunftsverwaltung zustande. Sie melden Personen häufig, wenn sie bereits stationär in der Psychiatrie waren. „Die Menschen kommen zwar nicht von selbst auf uns zu, aber wer Termine bekommt, ist in der Regel sehr froh über die Gespräche mit uns“, erklärt Theresa Grabmann, Therapeutin bei Refugio München in Augsburg.

Um die Zusammenarbeit der verschiedenen Stellen zu beschreiben, erzählt Katrin Riedel von einer Klientin aus Afrika, die nach mehreren Aufenthalten in der Psychiatrie sehr dissoziativ und labil war. Auch ihre drei Kinder waren schwer traumatisiert. Die Therapie und psychische Stabilisierung der Familie wurde durch ein kompliziertes Aufenthaltsverfahren erschwert, das bei allen viel Angst vor Abschiebung ausgelöst hat. Durch die gute Zusammenarbeit mit dem Bezirkskrankenhaus konnten die notwendigen Stellungnahmen für das Asylverfahren erstellt werden und die Familie bekam einen Schutzstatus zugesprochen. Durch die Therapie wurde die Mutter so stabil, dass ihr Arbeitgeber eines Mini-Jobs sie dabei unterstützt hat, eine Ausbildungsgenehmigung zur Alten- und Krankenpflegerin zu bekommen, die sie jetzt voller Motivation angeht.

Katrin
Theresa
Caroline

Die drei Therapeutinnen in der Außenstelle von Refugio München in Augsburg führen auch direkt in den Unterkünften Stabilisierungsgespräche durch.