Welcome-Projekt

Menschen willkommen heißen,

….ihnen helfen, sich im fremden, neuen Land zurecht zu finden, das ist die so wertvolle Hilfe, die die Ehrenamtlichen unseres Welcome-Projekts leisten.

Das Jahr 2019 war für Welcome geprägt durch zwei Ereignisse. Den großen Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum im Juli und dem Wechsel der Projektkoordination zwei Monate zuvor. Die langjährige und geschätzte Projektleiterin Barbara Dötzer hat das Projekt und Refugio München nach acht Jahren verlassen und die Koordination an Stefano Scala übergeben. Wir konnten einige neue Gesichter für ein Engagement bei Welcome gewinnen und gleichzeitig blieben uns viele sehr engagierte Ehrenamtliche erhalten, die sich teils seit Jahren dem Projekt verbunden fühlen. Isabelle Umlandt ist eine von ihnen und ihr folgender Erfahrungsbericht schildert das Mentoring aus erster Hand.

06. Dezember 2017: Nagad und ich kennen uns seit zwei Monaten, es ist unser drittes Treffen und wir sind bei ihr zu Hause in der Küche. Aufgeregt holt sie die verschiedenen Zutaten wie Butter, Eier, Mehl aus den Schränken. Wir backen Weihnachtsplätzchen – Spitzbuben – eine Tradition welche Nagad aus ihrer Heimat Somalia nicht kennt. Gemeinsam wiegen wir ab, rühren, kneten, stechen Sterne aus und kleben die gebackenen Kekse mit Marmelade zusammen. Nach zwei Stunden sitzen wir gemütlich am Küchentisch, trinken Tee und probieren die ofenfrischen Plätzchen gemeinsam mit ihrem kleinen 6-monate alten Sohn. Ich erzähle ihr von den Weihnachtstraditionen meiner Familie und neugierig hört sie zu.

Wir haben uns über das Projekt Welcome von Refugio München kennengelernt. Nagad flüchtete als 16-jährige aus ihrer Heimat Somalia und kam schließlich in München an. Traumatisierende Ereignisse in Ostafrika, sowie die gefährliche Flucht haben sie sehr vorsichtig gemacht. Durch unsere gemeinsamen Unternehmungen, die Museumsbesuche, langen Spaziergänge im englischen Garten oder Olympiapark mit abschließendem Picknick, konnte dieses Vertrauen jedoch geschaffen werden und es ist eine wunderschöne, Freundschaft entstanden. Hauptaufgabe unseres Mentoring-Tandems war immer das Verbessern ihrer Deutschkenntnisse sowie das Näherbringen der hiesigen Kultur; gleichzeitig freue ich mich über ihre Erzählungen über die ostafrikanische Heimat, die dortigen Traditionen und Werte. Der kulinarische Austausch kam dabei nie zu kurz und an vielen Nachmittagen in ihrer Küche probierten wir deutsche Kuchenrezepte aus und sie brachte mir somalische Gerichte näher. Oftmals fällt uns während der Gespräche auf, dass es zwar viele kulturelle Unterschiede aber gleichzeitig auch so viele Gemeinsamkeiten gibt. Dann gibt es auch hin und wieder herausfordernde Momente, wenn sie mir von ihren traumatisierenden Ereignissen in der einstigen Heimat erzählt. In solchen Momenten ist es besonders wichtig, ihr ein Gefühl von Sicherheit in der neuen Heimat zu vermitteln und sie ist immer wieder voller Dankbarkeit gegenüber Deutschland und den vielen Menschen, die ihr in den vergangenen Jahren geholfen haben. Ich vergesse nie, wie sie mich einmal anrief um sich zu bedanken, dass ich nun ein Teil ihres Lebens sei. Mittlerweile gehören wir offiziell zu den „Ehemaligen“ des Welcome Projekts da Nagads Therapie bei Refugio offiziell beendet ist. Unsere regelmäßigen Treffen finden jedoch selbstverständlich weiterhin statt. Für mich als Mentorin war es auch immer besonders wichtig und hilfreich zu wissen, dass ich mich jederzeit an die zuständige Therapeutin oder den Ansprechpartner des Mentoringprogramms wenden kann, wenn es Fragen oder Herausforderungen gibt. Auch das zusätzliche Angebot von Abendveranstaltungen wie Workshops zu Trauma, Heimweh, Islam kann ich nur weiterempfehlen!

06. Dezember 2019: mein Handy klingelt und Nagad ruft an: „Hast du dieses Wochenende Zeit, wir müssen doch unsere Plätzchen backen wie jedes Jahr vor Weihnachten?“ Ich lache und wir verabreden uns für den folgenden Samstagnachmittag. Dieses Mal müssen wir den Termin dann allerdings spontan verschieben, da uns die Geburt ihres zweiten Sohns dazwischenfunkt… Aber zwei Wochen später treffen wir uns wieder in ihrer Küche; gleiches Plätzchenrezept, wir wechseln uns ab mit Säugling halten und Teig ausstechen und wie jedes Jahr sind wir mit dem Resultat äußerst zufrieden. Jeden Dezember überlegen wir, ein neues Rezept auszuprobieren, aber ich denke auch in 2020 werden wir wieder unsere Sterne backen.

Isabelle Umlandt