„Gute Projekte treffen einen Nerv!“

 

 

Barbara Abdallah-Steinkopff ist seit der Gründung von Refugio München als psychologische Psychotherapeutin bei uns tätig. Ende April 2024 geht sie nach 30 Jahren Refugio München in den Ruhestand.

Über die letzten Jahrzehnte hast du viele Hilfsangebote für geflüchtete Menschen mit entwickelt. Welche Angebote helfen deiner Erfahrung nach am meisten?

Wenn wir ein neues Hilfsangebot entwickeln, müssen wir erst einmal den Betroffenen zuhören und ihre Probleme verstehen. Das hat Refugio München über die Zeit gut hinbekommen. Zum Beispiel dadurch, dass wir bei unseren Projekten so genannte Peers einbeziehen. Das sind Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie unsere Klient*innen, weil sie selbst Fluchterfahrung haben. Sie wissen, was man braucht, wenn man in Deutschland ankommt.

Erkennen die Klient*innen eigentlich gleich den Nutzen der Therapie?

Längst nicht alle. Die meisten erwarten sich vor allem existenzielle Hilfe, wenn sie zu uns kommen: Aufenthalt, Arbeit, Wohnen – diese Probleme stehen für sie im Vordergrund! Deshalb helfen wir ihnen in diesen Bereichen ja auch. Therapie klingt dagegen für viele erstmal fremd und erscheint ihnen nicht immer als adäquate Hilfe für ihre Lage. Aber nach einiger Zeit merken alle, dass Reden gut tut. Und dass sie in der Therapie wichtige Fähigkeiten erlernen, um mit ihrer Symptomatik umzugehen.

Was ist darüber hinaus wichtig, damit ein Angebot den Menschen hilft?

Neben der Bedarfsorientierung werden Hilfsangebote meist wirksamer, wenn sie früh ansetzen. Also wenn unsere Klient*innen gerade erst in Deutschland angekommen sind. Das ist der zentrale Gedanke hinter unserem Projekt Soulcare. Unser Team arbeitet in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete und identifiziert psychische Erkrankungen bei Menschen, die gerade erst in Deutschland angekommen sind und denen häufig der Anhörungstermin im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch bevorsteht.

Warum ist es wichtig, so früh anzusetzen?

Unter anderem weil die Menschen dann noch am Anfang des Asylverfahrens stehen. Wenn wir zu diesem Zeitpunkt bei jemandem eine psychische Erkrankung diagnostizieren, können wir die Anhörenden vom Bundesamt direkt darüber informieren. Diese Information kann die Qualität der Anhörung maßgeblich positiv beeinflussen. Und ein Schutzstatus stärkt das Sicherheitsgefühl unserer Klientinnen und Klienten.

„Unsere“ Barbara hat die Psychotherapie bei Refugio München über drei Jahrzehnte mitgeprägt...
„Unsere“ Barbara hat die Psychotherapie bei Refugio München über drei Jahrzehnte mitgeprägt...
...mit hoher Fachlichkeit und Expertinnenwissen, aber auch Humor...
...mit hoher Fachlichkeit und Expertinnenwissen, aber auch Humor...
...immer bereit zu erklären und Verständnis zu wecken.
...immer bereit zu erklären und Verständnis zu wecken.

Hat sich die fachliche Ausrichtung von Refugio München in den letzten 30 Jahren immer an den Bedarfen orientiert?

In vielerlei Hinsicht ja. Wir haben unseren Fokus nach und nach erweitert, zum Beispiel durch das muttersprachliche Elterntraining. Einfach weil wir gemerkt haben, dass Eltern nach der Flucht Hilfe benötigen. Ein anderes Beispiel: In vielen Einrichtungen und öffentlichen Institutionen, die mit Geflüchteten arbeiten, fehlte und fehlt heute immer noch das Wissen zu psychosozialen Fragestellungen. Über die Jahre haben wir bei Refugio München sehr viel Know-How aufgebaut. Um es ihnen zur Verfügung zu stellen, haben wir die Fortbildungsakademie Refugio Transfer entwickelt.

In wenigen Wochen verlässt du Refugio München und gehst in den Ruhestand. Was hast du dann vor?

Ich habe jedenfalls nicht vor, mit der Arbeit aufzuhören. Ich kann mir gut vorstellen, Eltern mit Migrationserfahrung zu beraten. Da besteht weiterhin viel Bedarf. Ein Plan, den ich außerdem habe: Nochmal für eine längere Zeit ins Ausland gehen, um ein medizinisches Team zu coachen.

Am 18. Juli 2024 feiern wir 30 Jahre Refugio München – weil unsere Hilfe Zukunft schafft!
Feiern Sie mit uns!
Mehr zur Jubiläumsfeier finden Sie hier.